Geschichte von Glashütte / OT Reinhardtsgrimma


 

Schloss Reinhardtsgrimma
Schloss  mit Park

Orts- und Fluranlage
Rittergut
Schloss
Kirche
Wirtschaftliche Entwicklung
Reinhardtsgrimmaer Heide
Buschhäuser
Burgruine Grimmstein

Silbermann Orgel

 

Orts- und Fluranlage

Ehe der Lockwitzbach den Höhenzug, der parallel zur Wendischcarsdorfer Verwerfung läuft, östlich vom Wilisch durchbricht, hat er eine kesselartige Weitung geschaffen, in der Reinhardtsgrimma liegt. Seine Bauerngüter wurden links und rechts vom Bach in hochwassersicherer Lage so am Hang errichtet, daß man von ihnen aus bequem die dazugehörigen Hufenstreifen erlangen konnte, die westlich bis zum Fichticht, nach Osten bis zum Hinteren Gründel, z. T. auch noch darüber hinaus bis an den Cunnersdorfer Bach reichen. Innerhalb dieses Reihendorfes bauten sich später in der ziemlich breiten Bachaue, die wie überall in deutschen Ansiedlungen dieser Gegend als Gemeindeweide galt, Handwerker und Häusler ihre Anwesen. Krausse weist nach, daß 1624 schon Schmied, Maurer, Zimmermann, Schneider und Schuhmacher vorhanden waren. Der erste Bäcker, der zugleich Müller war, wird für 1799 erwähnt. Bis dahin buk gewöhnlich jeder Haushalt sein Brot selbst. Vereinzelt findet man noch, wie auch in den Dörfern der Umgebung, Backofenanbauten, die aber nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck erfüllen. Direkt am Bach lagen auch 4 Mühlen und 3 Gasthöfe.

Genannt wurde das Dorf anfangs, wie auch heute noch mundartlich, Grimme aus dem nach einer Urkunde von 1206 die Brüder Reinoldus und Hugo de Grimme stammten. Sie und ihr Vater Reinhardt sind wohl die Gründer der Dörfer Reinhardtsgrimma, Reinholdshain und Hugesdorf (Hausdorf). Unser Ort wird in anderen Urkunden 1402 Reynardsgrymme, 1502 Reynersgrym geschrieben.

Auf die älteste Geschichte Reinhardtsgrimmas wirft ein numismatischer Fund ein bezeichnendes Licht. Im Herbst 1867 barg man auf Rittergutsgrund beim Roden eines Baumes einen Topf mit 2300 Brakteaten, einseitig geprägten Silbermünzen. Es handelte sich in der Mehrzahl um Stücke des Markgrafen Heinrich zu Meißen (1221-1288), die aus der Zeit von 1230-1260 stammen.

Außerdem waren in dem Fund 36 böhmische Münzen 14 verschiedener Typen enthalten, einige mit Buchstaben C. S. C. V. und C. bezeichnet, ferner 4 Stück wahrscheinlich bischöflich-meißnische. Alles war mit wenigen Ausnahmen vortrefflich erhalten. Gegen 400 sorgfältig in der Mitte halbierte Stücke bestätigen, daß man die Teilung nicht dem Zufall, sondern der Absicht zuzuschreiben hat, auf diese Weise Scheidemünzen zu bekommen. Wenn sich auch allerhand Vermutungen an diesen Fund knüpfen lassen, so beweist er zweierlei: Schon in diesen frühen Jahrhunderten muß hier oder in nächster Umgebung ein wichtiger Verkehrsübergang zwischen Sachsen und Böhmen gewesen sein, zweitens sind damals Summen von enormer Kaufkraft in einer Hand gewesen; denn für diese Münzen hätte man fast 500 Kühe erwerben können.

Durch das Dorf führen drei parallele Straßen: die südliche mit den großen Gutshöfen, dem Erbgericht, einem Gasthof und der Sparkasse bildet die Fortsetzung der im Lockwitzgrund angelegten Talstraße. Beim Erbgericht verläßt die Straße nach Reinholdshain und Dippoldiswalde das Dorf, am gegenüberliegenden Hang führt die nach Cunnersdorf und unterhalb der Schloßmühle eine zu den Buschhäusern empor. Zusammen mit den Querwegen bilden sie ein regelrechtes Straßennetz, das benachbarte Dörfer nicht aufzuweisen haben.

Schöne torgeschlossene Drei- und Vierseithöfe mit schmückenden und schützenden Bäumen erheben sich über die Einzelhäuser im Grunde. Sie wurden aus festen Bruchsteinen oder aus Sandsteinen des nahen Fichtichts und der Steinbrüche am Hohlen Stein östlich der Buschhäuser errichtet. Ihre Satteldächer deckte man meist mit Schiefer, wobei verschiedenfarbige Platten allerlei Muster hervorrufen. Die Eindachgebäude zeigen schlichte Bauweise. Der Besitzer des nach dem Türschlußstein 1839 erbauten Hauses Nr. 26 brachte 1957 in den Fächern des weißgestrichenen Obergeschosses ziegelrote Vogel- und Blumenornamente an. Am Hauptgebäude der früheren Schloßmühle erfreut gutes Fachwerk.

An der Seitenstraße durch die südlichen Häusergruppen befindet sich ein altes Steinkreuz aus Sandstein inmitten einer kleinen eingezäunten Rasenanlage. Es ragt 1,30 m über die Erde heraus, seine Arme sind 70 cm breit. Der Schaft, oben 19cm, unten 25 cm dick, verbreitert sich ähnlich wie bei Malteserkreuzen. Da er zerbrochen war, fügte man ihn mit Klammern wieder zusammen.

Östlich des Hauptdorfes nahe dem Cunnersdorfer Bach entstand am Ende des 18. Jahrhunderts aus sieben kleinen Siedlungshäusern der Ortsteil "Neue Häuser" oder "Neuer Anbau". In der Flur deutet auch das mehrmalige Vorkommen des Flurnamens "die Folgen" im Süden, am "Folgenbach", "Folgenberg" am Weg nach Frauendorf und " Folgenfeld" im Norden an der Mündung des Hirschbaches in den Lockwitzbach auf spätere Rodungen hin. An charakteristische Pflanzenvorkommen erinnern Bezeichnungen wie: Kalte Eiche, Eichbusch, Birkenbusch, Birkenhübel, Lange Birken, Dornenwiese, Fichticht, Heide, Hahn (= Hain), Schwarzbusch, Haselgrund, Hopfgartenfelder, an die Weidewirtschaft Kuhmaul, Lämmerleite, Ochsenfleck, Tränkwiese, Sommerstall und Viebig. Auch auf Kalköfen, eine Krähenhütte und eine Schäferei weisen die Flurnamen hin.



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Rittergut

Die Herrschaft über Dorf, Fluren, Bewohner, Kirche und Schule lag einst in den Händen der Besitzer des altschriftsässigen Rittergutes. Zeitweise war der Ort besitztumsmäßig jeweils für den "obir u. nider sedilhoff " auch in Ober- und Niederdorf getrennt.

Auf das hohe Alter des Oberhofes deuten noch heute die auf Quarzporphyr errichteten Kellergewölbe, auch dicke Mauern und Gewölbedecken. Vermutlich war er nach der Vereinigung mit der Niederhof Brauerei. Diente das Bauwerk vor dem zweiten Weltkrieg verschiedenen Zwecken, so übernahm es 1946 das Dresdner Johannstädter Krankenhaus als Kindererholungsheim. 1952 ging es in die Betreuung des Kreiskrankenhauses Dippoldiswalde über. Jetzt nimmt das Haus etwa 50 tuberkulosegefährdete Kinder aus den Bezirken Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt auf.

Eine lange Reihe von Adelsfamilien ließe sich als Besitzer des Ritterguts von Reinhardtsgrimma nennen. Nicht alle wohnten am Ort, so nicht die Osterhausen von Lockwitz (Kauf 1621). Von den Geschlechtern, die längere Zeit die Herrschaft besaßen, seien die Karras (fast 200 Jahre) und die Tettau (über 100 Jahre) genannt.

Die von Karras gehörten im Mittelalter zu den reichsten und angesehensten Rittergeschlechtern Kursachsens. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert besaßen sie eine Reihe von Rittergütern im Raume zwischen Pirna und Meißen, die meisten wiederum zwischen Gottleuba- und Lockwitztal. Verschiedene Glieder der Familie standen in einflußreichen geistlichen und weltlichen Ämtern. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts muß ein plötzlicher wirtschaftlicher Niedergang des reichen Geschlechts erfolgt sein, wovon auch die Reinhardtsgrimmaer Linie betroffen wurde. Wolf Karras hatte beim Rate zu Dippoldiswalde und bei vielen wohlhabenden Bürgern erhebliche Schulden. Da der Rittergutsbesitzer sich dauernd weigerte, sie zu tilgen, mußte sich im Mai i582 der Schösser von Pirna einschalten und Karras zur Zahlung nötigen. Sagenhaft wird der gesamte Rückschlag mit dem Verdacht in Zusammenhang gebracht, daß ein Karras der Meuchelmörder des Kurfürsten Moritz in der Schlacht bei Sievershausen 1553 gewesen sei.

Von den Tettaus hören wir 1682 in Akten über Streitigkeiten mit der Gemeinde wegen des Sterbelehns, 1687 wegen der Teichfuhren sowie 1728 über Differenzen mit den Untertanen wegen der Dienstleistungen. Erfahrungsgemäß zogen sich solche Prozesse bei den Obrigkeiten immer sehr lange hin und verliefen, meist ohne günstigen Bescheid für die Bauern, im Sande.

Dem ersten nichtadligen Besitzer von Reinhardtsgrimma, dem Erbauer des neuen Schlosses, Lippold, folgte der aus Holstein stammende Henning von Rumohr, der es aber nach wenigen Jahren 1788 wieder verkaufte. 3 Jahre vorher war ihm in Reinhardtsgrimma ein Sohn, Karl Friedrich Ludwig Felix von Rumohr, geboren worden, der in der Kunstgeschichte eine Rolle spielte. Die Inschrift auf seinem Grabdenkmal (gest.1843) auf dem Neustädter Friedhof in Dresden, das ihm von dem dänischen König Christian VIII. gewidmet wurde, rühmt seine Bedeutung: "Dem geistreichen Schriftsteller über Staats- und Lebensverhältnisse der Vor- und Nachwelt, dem Begründer eines tieferen Studiums der Kunstgeschichte des Mittelalters, dem vielseitigen Kenner früherer, dem edelsten Förderer neuerer Kunst. . .". Rumohrs wichtigstes Werk waren die "Italienischen Forschungen" (1827), in denen er neue Wege zur Erschließung italienischer Kunst bis zur Zeit Raffaels beschnitt. Die Kunstsammlungen in Dresden, Berlin und besonders die in Kopenhagen wurden nach seinen Anregungen neu geordnet.

Die Forderungen der "Erbherren" an die Bevölkerung ähneln in vielen Punkten denen anderer Rittergüter. Für beide Teile von Reinhardtsgrimma ist vom Jahre 1624 noch eine Gerichtsordnung vorhanden, die interessante Einblicke in die Lebensweise einer untertänigen und abhängigen Dorfbevölkerung gibt. Auf einem "Ehegeding" im Erbgericht wurden die einzelnen Anordnungen verlesen und die Bewohner durch einen Treueid darauf verpflichtet. Tinius gibt einige Auszüge dieser Urkunde: 1624 waren 17 Hüfner, 9 Gärtner und 27 Häusler im Oberdorfe und 7 Hüfner, 7 Gärtner und 17 Häusler im Niederdorfe dem Hans Georg von Osterhausen verpflichtet. Im ersten Teil der Gerichtsordnung maßt sich der Grundherr an, Geldstrafe oder Pranger jedem aufzuerlegen, der während des Gottesdienstes "bey dem Brandtwein oder Spillwinkel" sitzt oder "spatzieren" geht. Die gleiche Strafe drohte, wenn man am Tage des Abendmahls zechen ging. Wer den Text der 5 Hauptstücke nicht auswendig wußte, durfte zu keiner Gevatterschaft, Kindtaufe oder Gesellschaft geladen werden.

Das Erbregister legte auch die Dienste und Pflichten eines jeden Dorfbewohners fest. Die beiden Rittersitze mußten der Reihe nach von den Untertanen der drei genannten Dorfschaften "ohne alles entgelde" bewacht werden. Ihre Schafherden weideten von Michaelis bis Walpurgis auf den Gütern der Bauern. Da das Brauen und Schenken nur dem Erbherrn auf dem Oberhofe zustand, durften die Untertanen zur Fastnacht, zu Hochzeiten und Kindtaufen nur des Erbherrn Bier trinken. Sie hatten auch pro Schock Groschen des festgesetzten Wertes ihres Grundes jährlich 18 Pfennig Landsteuer abzugeben. Zinsen erhielt der Erbherr von ihnen in Form von Geld, Eiern und Hühnern. Zahlreich waren unmittelbare Dienstleistungen. Wenn der Erbherr baute, hatten die Anspänner der Reihe nach alle nötigen Fuhren unentgeltlich zu leisten. Sie mußten auch das Brennholz zum Ziegel- oder Kalkofen bringen. Gärtner und Häusler leisteten die Handdienste auf dem Bau ebenfalls ohne Lohn, und zwar jeder Gärtner 3, jeder Häusler 1Tag. Das "Zufördern für die Maurer, Ziegeldecker, Zimmer Leute undt dergleichen" mußte verlohnt werden.

Je nach Größe der Güter lagen auf ihnen 2,5, bis 7 Erbackertage und 2 Lohnackertage im Jahre für den Erbherrn. An diesen Tagen waren die Hüfner verpflichtet, bei Sonnenaufgang einzuspannen, und erst bei Sonnenuntergang endete das Tagewerk. Außerdem wurden jedem Bauern noch 5 bis 13 Rechentage, 1 Schafschurtag, 1 Bindetag und 1 bis 4 Sicheltage zugemutet. Die Gärtner hatten 5 bis 16, die Häusler 1 bis 7 erbliche Hand-, Schafschur-, Binde- und Sicheltage zu leisten. Das Essen, das alle vom Gut bekamen, war genau festgelegt. Reichte der Erbherr mit den Erb- und Frondiensttagen nicht aus, so mußten Häusler und Hausgenossen die Arbeit im Lohn verrichten.

Auch die Handwerker im Orte hatten in erster Linie Arbeiten für den Erbherrn auszuführen und durften nur mit seinem Wissen verreisen oder in anderen Orten arbeiten. Die Kinder der Untertanen, "so sich sonsten vormieten", waren dem Erbherrn "für (vor) anderen off ein Jahr langk vmb das gewöhnliche Lohn zu dienen schuldig". Vollhüfner mußten selbst dann unentgeltliche Fuhren ausführen, wenn der Erbherr seine Tochter für die Hochzeit ausstattete. Als Beisteuer hatten sie dazu noch von jeder Hufe 1 Scheffel Hafer, 1 Schock Eier und 1 Henne abzugeben. Zur hohen Jagd waren alle verpflichtet, so oft man sie brauchte, nur Hasen und Füchse jagten Hüfner und Gärtner allein, hatten aber das erlegte Wild gegen Bezahlung beim Erbherrn abzuliefern.



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Schloss

Der ursprüngliche Niederhof befand sich, von einem Wassergraben umgeben, nur wenig unterhalb des heutigen Schloßgebäudes. Da er im 18. Jahrhundert recht baufällig geworden war, ließ der Kammerrat Johann Christoph Lippold, der das Gut von den im Siebenjährigen Krieg verarmten Tettaus gekauft hatte, den Hof abtragen und ein neues Schloss errichten. Architekt war Oberlandbaumeister Johann Friedrich Knöbel (1724-1792).

 

Der Grundriß des zweigeschossigen Baues ist U-förmig. Der Ehrenhof ist dem Wirtschaftshof zugewandt. Nach der Parkseite wölbt sich der Mittelteil, der im Erdgeschoß einen Gartensaal, im Obergeschoß den Festsaal enthält, stark vor. Der First des hohen Mansarddaches liegt bei dem Hauptbau höher als bei den Flügeln; der Höhenunterschied wird bogenförmig ausgeglichen. Von der Parkseite her wird der Bau architektonisch zusammengefaßt durch den schlanken, reizvoll silhouettierten Glockenturm. Er ist der Ausklang der architektonischen Kräfte, die sich in dem nach der Parkseite vorwölbenden Mittelteil gegenüber der schlichten Lisenenarchitektur der zurückliegenden Teile sammeln: Im Erdgeschoß sind hier segmentbogig, im Obergeschoß halb- rund schließende Fenster statt der rechteckigen verwendet; ein Balkon und ein Dreieckgiebel mit einer Vase betonen die Mitte.

Im Prinzip folgt hier Knöbel seinem Lehrer Knöffel, der ähnliche Bauwerke geschaffen hat, so das Hubertusburger Schloss. Wenn aber dort der Mittelteil und der Dachreiter die riesigen Ausmaße nicht zu beherrschen vermögen, so ist in dem intimeren Schloss von Reinhardtsgrimma der Ausgleich, die Balance der Teile, vollkommen beherrscht. Das Schloss ist eines der schönsten Zeugnisse des sächsischen Rokoko. Von ihm strahlt etwas von dem Ideal dieser Zeit aus, dem Zauber ungetrübten Lebensgenusses.

Die Hofarchitektur ist strenger durchgebildet. Hier erinnert man sich daran, daß Knöbel der Architekt des zurückhaltenden Dresdner Gewandhauses ist. Nur der Mittelrisalit ist durch Rokokogehänge, eine Attika mit Wappen und Puttengruppen ausgezeichnet. Die Raumanordnung, des Inneren zeigt eine kluge Berechnung auf die damaligen Bedürfnisse. Im ehemaligen Festsaal befinden sich vier große Gemälde mit Landschaftsszenen; ein anderer Raum enthält Delfter Kacheln.

In den Parkanlagen im englischen Stil, die sich im Lockwitztal im freien Felsen- und Waldgelände verlieren, findet man ein später zu einem Wohnheim umgebautes klassizistisches Badehaus. Zypressen umgeben einen eigenartigen Brunnen. Vor einem bärtigen Faun mit gespitzten Ohren steht eine steinerne Urne, die aber kein Wasser enthält, während die danebenliegende Urne in feinem Strahl solches entrinnen läßt. Diese Idee (untätiges - tätiges Wasser) und die Formung kann wohl kaum von dem dänischen Bildhauer Barthel Thorwaldsen (1770-1844) stammen, was früher behauptet wurde.

Schloss, Park und Wald wurden nach 1945 Volkseigentum. Zuerst hatten nach Kriegsende in den Gebäuden viele Ausgebombte und Umsiedler eine Notwohnung gefunden. Im Oktober 1946 richtete man eine Landwirtschaftsschule mit Internat darin ein. Sie konnte im September 1950 zur "Fachschule für Landwirtschaft" erhoben werden, die die Schüler nach der Abschlußprüfung als "staatlich geprüfter Landwirt" verlassen.



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Kirche

Zu den ältesten und größten Dorfkirchen der weiteren Umgebung gehört die von Reinhardtsgrimma. Am nordwestlichen Rand des Dorfes steht sie erhöht über den Gütern und Häusern. Der 30 m hohe, in seiner jetzigen Form seit 1742 in vier Geschossen sich aufbauende Turm mit flacher Haube und verhältnismäßig kleiner Laterne ist fast im gesamten Kirchspiel zu sehen, das Cunnersdorf, Nieder- und Oberfrauendorf sowie einen Anteil von Schlottwitz umfaßt; einst gehörte auch die Hälfte von Reinholdshain, ferner Hirschbach und bis 1566 sogar Luchau dazu. Aktenkundig ist die Kirche erst seit 1495. Doch kann man annehmen, daß das erste Kirchengebäude kurz nach dem Entstehen des neu angesiedelten Ortes mit erstand und daß die Herren de Grimme auch die ersten Kollatoren waren.

Die Grabkammer nördlich des Chores mit dem kleinen Rundbogenfenster und einer Schlitzöffnung könnte noch romanisch sein. An dem heutigen Bestand sind mittelalterliche Kennzeichen überhaupt nur sehr spärlich vorhanden. Einige Fensterformen und -gewände stammen aus der Zeit der Spätgotik. Die Kirche ist ein sehr langgestreckter Saal mit eingezogenem, zweijochigem Chor, dessen Sternnetzgewölbe und Fensterformen für eine Entstehungszeit um 1600 sprechen. Während im Äußeren zahlreiche Anbauten, z. T. mit kleinen spitzen Dachreitern den Bau unregelmäßig-malerisch erscheinen lassen, zeigt das Innere eine einheitliche architektonische Handschrift. Dem gotisierenden Chor steht das 1742 neugestaltete Langhaus gegenüber. An den Langseiten sind zwei Emporengeschosse einer Bogenarchitektur eingefügt. Auf der Westempore mit einer Dockenbrüstung steht die Silbermann-Orgel. Eine mit Profilen gegliederte Putzdecke schließt den Raum ab. Die Barockarchitektur erinnert an die Art des Andreas Hünigen, der vielleicht den Umbau 1742 leitete. Der Kanzel am Triumphbogen schräg gegenüber ist die barocke Patronatsloge angebracht. Die reich gegliederte Kanzel zeigt Evangelistendarstellungen von "Jacob Hennig, Mahler in Pirna 1672" am Kanzelkorb.

Der fünf Stufen über dem Schiff im Chor stehende Renaissancealtar, 1601 von Georg Ulrich von Ende und Anna Rosina von Botzheim gestiftet, zeigt zwischen den Apostelfürsten eine Reliefdarstellung des Abendmahles in Sandstein, darüber die der göttlichen Dreieinigkeit, flankiert durch einen Pelikan als Symbol aufopfernder Liebe und einem Phönix als Zeichen des ewigen Lebens.

Unter den zahlreichen Grabmälern der Kirche sind einige sehr bemerkenswert: an der nördlichen Chorwand zur Linken des Altares die lebensgroßen knienden Gestalten des Hans Heinrich von Schönberg auf Maxen und Reinhardtsgrimma, gestorben den 23. September 1615, und seiner Witwe Elisabeth geb. Drothin (von Trotha), gestorben den 10. April 1617. Die blutvolle Charakteristik dieser Figuren erinnert an ähnliche Grabplatten in den Stadtkirchen zu Pirna und Liebstadt. Daneben steht in lebensgroßer Gestalt Magister Gabriel Ursinus, Pfarrer von Reinhardtsgrimma. An den Wänden der großen herrschaftlichen Empore auf der Südostseite der Kirche sind zwei ovale, in Metall gegossene und zwei mit geschnitzten kriegerischen Emblemen ausgestattete Kenotaphien angebracht, die ersten beiden dem Christophorus Friedrich von Tettaz auf Reinhardtsgrimma von seiner Witwe und dieser von ihren Kindern, die beiden anderen dem Johann Heinrich von Venediger gewidmet, der vor Semlin in Ungarn im christlichen Lager gegen die Türken am 1. August 1737 als Oberst eines sächsischen Kürassierregimentes gestorben war.

Menschlich bewegend und volkskundlich interessant ist das von dem Schlottwitzer Bauern Christian Welck und seiner Frau Rosina geb. Müllerin errichtete Denkmal für ihre sechs Kinder, die allesamt vor den Eltern gestorben waren, und zwar zwei von ihnen an ein und demselben Tage. Die Inschrift auf der Rückseite des Denkmals schließt mit den Worten: "Von diesen sind abgebildet Johann George (geb. d. 19. September 1703) und Johanna Rosina, weil beyde an einem Tage krank, gestorben und begraben worden (d. 13. Januar 1729)". Das Geschwisterpaar steht in Lebensgröße unter einer Bogenrahmung, ein Engel hält über ihren Häuptern die Krone des Lebens, zu der Gottes Finger hinaufzeigt. Die Geschwister stehen Hand in Hand, der Bruder in derben Stiefeln und im schnurenbesetzten Bauernrock, das Antlitz voll freudiger Entschlossenheit, die Schwester auch in kräftigen Schuhen, gekleidet in einen faltigen Rock, darüber die Sonntagsschürze, die Brust in das Mieder verschnürt, das reiche Haar zu einer Krone geflochten, das pausbäckige Gesicht ist ernster als das des Bruders, und doch berührt sie mit der Linken die Rose, die ihr der Genius des Lebens bietet, während der Genius des Todes, den Rock des Bruders berührend, Tränen vergießt.

Dieses Grabdenkmal ist ein Zeugnis der engen Verbundenheit, der bäuerlichen Bevölkerung mit ihrer Kirche, wie wir sie besonders in Dittersdorf wiederfinden werden.

Noch eines alten, zweifellos bedeutungsvollen Steinbildes muß gedacht werden. Es stand früher auf dem Friedhof, der Verwitterung ausgesetzt. Infolgedessen ist die Schrift kaum noch zu entziffern. Nach Tracht und Ausführung stammt die lebensgroße Rittergestalt etwa aus dem Ende des 13. oder vorn Anfang des 14. Jahrhunderts. Der geharnischte Ritter hält einen Schild vor sich, leider aber ist darauf keine Wappenfigur mehr deutlich zu erkennen. Oben am Rand des Steines sind 6 Löcher zu sehen, die von dort befestigt gewesenen Ahnenwappen herrühren könnten. Jetzt befindet sich das Bildnis in einem kleineren ehemaligen Grabgewölbe neben dem Altar. Der Sage nach soll dieser Ritter einen aus dem Gründergeschlecht de Grimme darstellen.

Die Orgel zählt zu den schönsten ihrer Zeit und ist ein kostbarer Besitz der Kirche. Erbaut wurde sie als das 21. Kunstwerk vom "Churfürstlich Sächsischen und Königlich Polnischen Hof- und Landorgelmacher" aus Freiberg Gottfried Silbermann (1683-1753), unterstützt von seinem Sohn Johann Georg SILBERMANN und dem Gesellen Johann Georg Schöne. Der Meister erhielt den Preis von 800 Talern dafür, eine Summe, die dem Jahresgehalt eines gehobenen mittleren Beamten entsprach. Am 6. Januar 1731 (Epiphanias) konnte sie durch den Dresdner Kreuzkirchenorganisten, Manuel Behnisch, geweiht werden. Der damalige Organist zu Reinhardtsgrimma, Gottlieb Schlegel, verfaßte aus Freude ein Gedicht, das sogar gedruckt wurde. Der Wert der Orgel liegt in dem singenden Ton, den herben Prinzipalen, den silbrigen Mixturen und dem warmen, weichen Klang der Rohrflöten. Glückliche Überholungen 1852 durch Stoeckel, Dippoldiswalde, und 1940 durch Gebr. Jehmlich sowie Ausbesserungen gegen die Zeitschäden vermochten das kostbare Werk zu erhalten. Alljährlich, meist am Himmelfahrtstage, pilgern Musikfreunde aus Dresden und der weiteren Umgebung zur Reinhardtsgrimmaer Kirche, um dem Dresdner Kreuzorganisten Professor Herbert Collum bei seinem Spiel auf der Silbermannorgel, dem "klingenden Wunder der Orgelbaukunst", zu lauschen.

Tönende Zeugen alter Zeit sind auch die vier Glocken auf dem Kirchturm. Die große trägt die Jahreszahl MDXLIIII, die mittlere stammt aus dem 15. Jahrhundert, und auf der kleinen kann man die Zahl MDXXIX lesen. Zu diesen Glocken wurde nach dem zweiten Weltkrieg noch die Schloßglocke eingefügt. Zwei Kirchenglocken und die Schloßglocke waren im Krieg zur Verschrottung abgenommen worden. Man fand sie in Hamburg wieder und brachte sie nach Reinhardtsgrimma zurück. Am Johannistage 1950 erklangen erstmalig alle vier Stimmen wieder vom Turme.

Im Inneren stellt sich heute der Kirchenraum in der farbigen Fassung einer denkmalpflegerischen Erneuerung von 1932 dar, die unter der Leitung des Landesdenkmalpflegers Walter Bachmann in den Händen des Architekten Rometsch und des Kunstmalers Willy Rittsche lag.

Das vor der Kirche stehende altertümliche, sehr geräumige Pfarrhaus mit großem Obstgarten wurde nach seiner Vernichtung durch Brand 1767 neu aufgebaut.



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Wirtschaftliche Entwicklung

In den ersten Jahrhunderten seines Bestehens bildete Reinhardtsgrimma eine rein bäuerliche Ansiedlung. Dann griff um die Mitte des 16. Jahrhunderts der im benachbarten Cunnersdorf und noch mehr in Glashütte in hoher Blüte stehende Bergbau auch auf die angrenzende Flur von Reinhardtsgrimma über. Der Glashütter Bergmeister Stephani nannte in einem Verzeichnis der Zechen und Fundgruben seines Bergamtes 1559 für Reinhardtsgrimma die 3 Versuche in "Wills Gott, Himmlisches Heer und Johannes". Da in den folgenden Jahren keine neuen Namen auftauchen, scheinen diese Abschnitte wenig Erfolg gebracht zu haben. 1615 wird der Erbstolln " Georg" mit 1 unteren und 4 oberen Maßen auf dem "Feld der alten Pfarrerswitwen" genannt. Erst 80 Jahre später, 1695und 1696, erscheinen 4 verschiedene Grubennamen: "Hilfe Gottes, Segen Gottes, Neuer Segen und Tannenbaum" auf Feldern des Bauern Schneider, ferner auch "auf Tettauischen Gütern", deren herrschaftliche Besitzer, ähnlich wie in der Sächsischen Schweiz, durch Gold- oder Silberfunde eine wesentliche Aufbesserung ihrer Einnahmen erhofften. Aber lediglich ockerfarbener und dichter Roteisenstein kam zutage. Im Jahre 1775 trieb ein Bauer einen Stolln auf einem alten Gang weiter und lieferte einige hundert Fuder Eisenstein nach Schmiedeberg in die Hütte. Dann verkaufte er den Stolln an dieses Hammerwerk und behielt sich nur die Fuhren vor. Andere Anbrüche um 1790 auf dem Wege von Reinhardtsgrimma nach Hausdorf blieben völlig ergebnislos, da man dort unter sandigem Ton auf Sandsteinfelsen stieß. Die kurz danach noch entstandenen Stolln "Frisch Glück, Reicher Schatz und Reicher Segen" erfüllten nicht, was ihr Name versprach.

Die Flurnamen "Bergschächte" zu beiden Seiten der Straße nach Cunnersdorf deuten ebenfalls auf ehemaligen Bergbau hin. Auf den Meilenblättern werden auch "alte Schächte" im Nordwesten des Ortes an der Straße nach Reinholdshain angegeben. Schumann (1822) schreibt, daß einst "Bergwerke zwischen hier und Elend im Gange waren, wovon noch alte Pingen und Halden zeugen". Damit werden aber wohl mehr die in den Bereich des Dippoldiswalder Bergbaues gehörenden Reste gemeint sein.

Trotz dieser gelegentlichen Bergbauversuche wurde die landwirtschaftliche Nutzfläche nie wesentlich verringert. Selbst die zunehmende Verstärkung des Gewerbelebens fand in Reinhardtsgrimma kaum Einfluß. Einen gewissen Funktionswechsel kann man höchstens bei den Mühlen feststellen. Im 17. und 18. Jahrhundert waren alle vier zum Besitz des Rittergutes gehörigen Betriebe in der Hand von Pächtern. Noch heute stehen die Schloßmühle und die Mittelmühle oberhalb des Erbgerichtes in Betrieb, beide einst oberschlächtig mit je 2 Gängen. Am unteren Ausgang des Dorfes befand sich die Niedermühle, die erst einen Mahl- und einen Ölgang hatte, dann aber nur als Sägemühle arbeitete. Ihre ganze Ausstattung ist jedoch bis auf das Mühlrad ausgebaut, so daß das Gebäude Werkstatt einer Handwerker-Produktionsgenossenschaft werden konnte. In ihr arbeiten seit 1961 Mitglieder der PHG Universal, Bereich 4. Ganz verändert hat sich das Produktionsziel der Obermühle. Früher besaß sie 2 Gänge, um 1760 wurde sie Erbmühle. 1920 entstand hier eine Werkstatt zur Herstellung von Holzpantoffeln und von Pumpenrohren aus Lärchenholz. Seit 1939 befindet sich eine feinmechanische Werkstatt darin. Ein anderer Betrieb befaßt sich mit der Herstellung von Automatenlang- und Fassondrehteilen sowie von Aerosolzerstäubern. Die nicht im Ort beschäftigte Bevölkerung wandte sich vor allem der feinmechanischen Industrie in Glashütte zu.

Eine entscheidende Umgestaltung der landwirtschaftlichen Besitzverhältnisse erfolgte durch die Bodenreform vom 4. 9. 1945. Der Besitz des Rittergutes mit 245 ha Land wurde an 22 ehemalige Gutsarbeiter und Umsiedler sowie an 20 landarme Bauern und Gewerbetreibende verteilt. Die nötigen Maschinen erhielten die Neubauern, bis sie 1947 einer neugegründeten Maschinenausleihstation übergeben wurden. Heute betreut die 111. Brigade der MTS Kreischa zusammen mit Hirschbach, Hermsdorf, Hausdorf, Cunnersdorf, Ober- und Niederfrauendorf und Reinholdshain auch Reinhardtsgrimma. Werktätige Bauern bildeten am 9. 6. 1955 die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft "Philipp Müller" vom Typ III und am 1. 7.58 eine zweite, "Junge Garde", vom Typ I. Seit Ende März 1960 arbeitet das ganze Dorf genossenschaftlich.



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Reinhardtsgrimmaer Heide

Von dem Sandsteinrest im Lockwitztal oberhalb Reinhardtsgrimma zieht, erst schmal, dann bis zu 300 m breit anschwellend, ein Quarzporphyrgang nach Osten. An der Straße Reinhardtsgrimma - Hausdorf - Maxen ist er etwa bei der Höhe 365,7 bis fast ans Ufer des Cunnersdorfer Baches hin durch Sandsteinschichten überdeckt. In ihrem Bereich breitet sich die Reinhardtsgrimmaer Heide aus. Der Wald bedeckt fast genau eine aus sogenanntem fossilreichem "Pennricher Sandstein" der Plenuszone aufgebaute Sandsteinplatte. Auf dem rechten Hang des Cunnersdorfer Baches liegen fluviatile Niederschönaer Schichten - Schotter von Flüssen. Dieses Gelände führt den bezeichnenden Namen "auf dem Sande". An dieser Stelle ist der Basishorizont der Kreideablagerungen aufgeschlossen. Er besteht aus einem konglomeratischen Sandstein, der kaltzeitlich aufbereitet und durch Fließerdebewegung über gefrorenem Untergrund verfrachtet wurde. Deshalb finden wir auch keine normale Ablagerung, sondern nur ein Gewirr von zum Teil senkrecht verstellten Blöcken vor. Die umliegenden Felder zeigen die zahlreichen, aus den Konglomeraten ausgewitterten Quarzgerölle.

Im Bereich der Heide wurde der Sandstein am Cunnersdorfer Bach selbst jedoch abgetragen und ins Müglitztal verfrachtet, so daß der Porphyr wieder zutage tritt. Dort wie auf der Gneisfläche bei den Buschhäusern finden wir ebenfalls Wald vor. In seinen auf Sandstein stockenden Teilen trägt er wie bei Hirschbach und nördlich von Dippoldiswalde infolge seines trockenen Untergrundes den Charakter einer "Heide". Birke und Kiefer herrschen vor. An den Talhängen, so im Bereich des Porphyrs, wachsen vielfach Fichten und Lärchen, verschiedentlich auch Laubbäume und -sträucher. An der Schneise südlich des Grimmsteines steht als Naturdenkmal eine stattliche Eiche.

Die Vegetation der Reinhardtsgrimmaer Heide ist ziemlich artenarm. Daran hat nicht so sehr die forstliche Bewirtschaftung schuld - die Fläche ist vorwiegend mit Fichten- und Kiefernforsten bestanden -, sondern die Nährstoffarmut des Bodens, der größtenteils aus dem Verwitterungsmaterial des Sandsteins gebildet wird.

Auf weite Strecken zeigt die Flora stärkere Bodenversauerung an: Auf den trockenen Partien breiten sich Adlerfarn (Pteridium aquilinum), Drahtschmiele (Deschampsia flexuosa), Heidekraut (Calluna vulgaris), Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), fleckenweise auch die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) aus, und das Rotstengelmoos (Pleurozium schreberi) spinnt seine Ästchen in dichten Teppichen am Boden entlang.

Nicht viel besser zu beurteilen und zu bewirtschaften sind die ausgedehnten wechselfeuchten Standorte, die durch stauende Schichten entstehen: Hier wuchert Pfeifengras (Molinia coerulea), auch Bergreitgras (Calamagrostis villosa = C. halleriana), eine Grasart des Gebirges, kommt noch vor. Das Zypressenschlafmoos (Hypnum cupressilorme) bildet ausgedehnte Polster, oft begleitet vom Besen- oder Gabelzahnmoos (Dicranum scoparium), und allenthalben begegnen wir in der Strauchschicht dem Faulbaum (Rhamnus frangula) mit seiner weißscheckigen, zu Arzneizwecken begehrten Rinde. An den günstigeren Standorten sind unter anderem Dornfarn (Dryopteris austriaca) und Männlicher Wurmfarn (Dryopteris filixmas) zu finden.

Von den ursprünglich hier heimischen Baumarten können wir einzelne Exemplare noch verstreut und als Jungwuchs in Strauchhöhe finden: Traubeneiche, die wahrscheinlich den Hauptanteil an der früheren Bestockung stellte, daneben Stieleiche, Buche und natürlich, allgegenwärtig auf den ärmeren Böden, die Weißbirke.

Die weitaus günstigsten Standorte findet die Forstwirtschaft längs des Schlottwitzbaches, auch Cunnersdorfer Bach genannt. Hier entfaltet sich auch auf inselartigen, nährstoffreichen Ablagerungen des Bachbettes eine reizvolle Laubwaldflora mit Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium und Chr. oppositilolium), Himmelschlüssel (Primula elatior), Lungenkraut (Pulmonaria obscura), Haselwurz (Asarum europaeum), Sauerklee (Oxalis acetosella), Bingelkraut (Mercurialis perennis), Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) und dem stattlichen, geschützten Johanniswedel (Aruncus silvester). Im Wasser flutet stellenweise das ansehnliche, kielblättrige Quellmoos (Fontinalis antipyretica). Die Fichten sind hier ganz fehl am Platze und sollten durch Edellaubhölzer, vor allem Esche, ersetzt werden.



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Buschhäuser

In der Reinhardtsgrimmaer Heide stehen an der Straße von Hausdorf links und rechts zwei gleiche einstöckige Gebäude, die Buschhäuser genannt. Sie wurden 1810/11 erbaut und zeigen in ihrer klassizistischen Architektur die Handschrift des Dresdner Architekten Gottlob Friedrich Thormeyer. Über den Eingängen sieht man in Bogenfeldern je ein Relief, das einen Jäger und einen ruhenden Wanderer in zeitgemäßer Tracht mit dem Zylinderhut darstellt. Hans Geller hat die originellen Reliefs wohl zu Recht dem jungen Ferdinand Pettrich zugeschrieben.

Der Komponist Robert Schumann, der 1844 bis 1850 mit seiner Familie in Dresden wohnte, weilte wiederholt im nahen Maxen, wo er mit zahlreichen Künstlern zusammentraf. Er schwärmte von den Spaziergängen nach den Buschhäusern.

In einem der beiden Gebäude war von jeher ein Gasthaus untergebracht. Im anderen, das jetzt als Wohnhaus für Forstangestellte dient, befand sich ein Tanzsaal. Die Buschhäuser stehen unter Denkmalschutz. Sie wurden 1958 renoviert. Die schöne Lindenallee dazwischen gilt als Naturdenkmal.

In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts spielten die Buschhäuser eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer deutschen Turnbewegung. Als 1859 die Turnsperre Metternichs aufgehoben worden war, gründete man 1861 auf Anregung des Turnlehrers Thurm in Dippoldiswalde eine Zentralstelle für das Turnwesen im Gebiet zwischen Dresden und der böhmischen Grenze. In einem zum Rittergut Reinhardtsgrimma gehörigen Waldstück hinter den Buschhäusern wurde der erste "Deutsche Centralturnplatz" eingerichtet. Nachdem der Platz planiert und 6 Recke, 6 Barren, 6 Sprunggeräte sowie ein mit großen Masten ausgestattetes Klettergerüst beschafft und aufgestellt worden waren, fand im Sommer 1862 die festliche Weihe statt, zu der 600 Turner aus vielen Orten der nahen und weiteren Umgebung erschienen. Danach fanden sich an Sonntagen oft die Turnvereine der Kreishauptmannschaft zu Wettkämpfen zusammen. Mit der Zeit ließ der Zuzug nach dem entlegenen Turnplatz nach.



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Burgruine Grimmstein

Südlich der Buschhäuser hat der in einem spitzen Winkel nach Südosten abbiegende Cunnersdorfer Bach einen schmalen Sporn gebildet. Auf ihm sind noch die Grundmauern einer kleinen Burg zu erkennen. Man gelangt dorthin, wenn man vom Buschhaus hinab in das Tälchen und dann die Schneise wieder steil hinaufsteigt. Der Sage nach - Bestimmtes über die Anfänge der Anlage ist nicht bekannt - hat hier die Feste der Ritter de Grimme gestanden, die auf zwei Seiten von tiefen Talkerben umgeben war. Ganz nahe zog westlich die alte Straße vom Elbtal über Lockwitz, Maxen, Cunnersdorf und Dittersdorf ins Böhmische Becken vorüber und war leicht zu beobachten. Wann die Anlage zerstört wurde, ist nicht nachzuweisen. Ihr Ende kann man vielleicht in die Zeit legen, als mit der Einnahme und Zerstörung der Burg Dohna 1402 auch die Vasallen der Donins, die die Straßen und Dörfer zwischen Gebirge und Elbniederung heimsuchten, vernichtet wurden.

Erst im Zeitalter der Romantik belebte sich der alte Burgplatz wieder. Ein Besitzer des Rittergutes Reinhardtsgrimma, von Bülow, ließ den Fußsteig von Schlottwitz herauf anlegen und ein Lusthaus errichten.

Auszüge aus Werte der deutschen Heimat, Band 8 “Zwischen Müglitz und Weisseritz”, Akademie-Verlag, Berlin, 1964

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